NEWSLETTER
TAGESSPIEGEL
Marzahn-Hellersdorf vom 24.10.2023
Ein Mann hackt Holz auf einer Grünfläche an der Marzahner Promenade. Als er ein großes Stück mithilfe einer Axt herausgeschlagen hat, bearbeitet er es weiter mit der Elektrosäge. Es handelt sich nicht um einen Holzfäller, der sich in den Kiez verirrt hat, sondern um einen Künstler in “Quarantäne”. Das ist der Name einer Projekt-Ausstellung, die ab dem kommenden Wochenende in der Galerie M zu sehen ist. Das Konzept: Budget, Räumlichkeiten und vor allen Dingen das Material für die Kunstwerke – alles muss selber besorgt werden, im Idealfall aus der direkten Umgebung. Noch arbeiten die Künstlerinnen und Künstler an ihren Werken, die Ausstellung eröffnet am Samstag (28. Oktober). Aber weil ich so lange nicht warten wollte, habe ich einen kleinen Werkstattbesuch in die Kunst-Quarantäne unternommen.
Angestoßen haben das Projekt die Künstler Detlef Schlagheck und Leonid Kharlamov. Schlagheck ist auch bei der Ausstellung in Marzahn dabei – Marc Pospiech von der Galerie M kennt er schon seit ihrem gemeinsamen Kunststudium in Kiel. Ihre Kunst-Professoren hätten es immer sehr schön gefunden, den jungen Kreativen ein Motto für Ausstellungen vorzugeben, erinnert sich Schlagheck. “Das fanden wir immer äußerst lästig”, sagt er. Schlagheck kommt aus der Punk-Szene, cleane Galerieräume waren wohl noch nie so wirklich seins. Aber es fand sich rasch ein Ausstellungsraum, der ihm besser behagte: eine etwas marode Halle, die von Sprühern genutzt wurde. Dort fand die erste “Quarantäne” statt.
Im Grunde ist es der Versuch, Kunst wie DIY-Punk zu betreiben”, sagt Schlagheck. Punk bedeute schließlich, neben Krach, Bier und Anarchie, eben immer auch Autonomie. Sprich: Alles muss man selber machen, do it yourself. Diesen Gedanken, so Schlagheck, habe man auf die Kunst übertragen wollen. “Kein Geld und Material zu haben, ist für uns kein Hindernis, sondern ein Anknüpfungspunkt für ein neues Werk”, sagt er. Das bedeute auch eine Menge Freiheit: “Uns kann niemand in die Suppe spucken”, sagt Schlagheck. Die Marzahner Promenade, wo die Künstlerinnen und Künstler in der Galerie M in selbstauferlegte Quarantäne gegangen sind, passe hervorragend zu diesem Grundgedanken, findet er.
Schlagheck hat vor, ein Video von einer Möwe, die eine Taube frisst, künstlerisch weiterzuverarbeiten. “Ich hatte allerdings erstmal gar keine Idee”, gesteht der Künstler. Also setzte er sich mit seinem Laptop an die Promenade und zeigte das Video, das ihn fesselte, Passantinnen und Passanten. Die Gespräche, die sich daraus ergeben haben, sollen als Texte Eingang in das – Stand Montag noch unvollendete – Kunstwerk finden. Geplant, insofern Plan hier überhaupt das richtige Wort ist, ist offenbar eine Video-Installation.
Was ganz genau am Samstag zu sehen sein wird, wissen aber auch die Künstlerinnen und Künstler noch nicht: Erfahrungsgemäß würden gerade in den letzten Tagen vor Ausstellungseröffnung viele Ideen noch einmal umgeschmissen, neu gedacht oder durch andere ersetzt, schildert Schlagheck. Die selbstauferlegte Kunst-Quarantäne hat am 9. Oktober begonnen – gearbeitet wird bis zur Ausstellungseröffnung.
Zu sehen sind die Werke bis zum 18. November. Die Vernissage am Samstag beginnt um 18 Uhr. Gezeigt werden Arbeiten von Arnt Fesser, Heesun Kim, Renate Bause-Bitterlich, Mozhgan Dinani, Marc Pospiech, Elena Kaludova, Namesi, Yan Jun White, Mari Poller, Antje Rathsack, Detlef Schlagheck, Ria Siegert, K.P.M Wulff und der Zip Group.
TAGESSPIEGEL August 2023
Hinter der großen Shopping-Mall Eastgate, in Nachbarschaft von Imbissläden und gegenüber von grauen Häuserblocks, im Herzen von Marzahn, versteckt sich die Galerie M: ein Projektraum für Künstler:innen aus dem Bezirk. Der Kaulsdorfer Künstler Marc Pospiech, Sprecher der Gruppe, die den Raum bespielt, glaubt: genau hier und nicht in den angesagten Vierteln der Hauptstadt, sei der richtige Ort, um Kunst an ihr Publikum zu bringen. ..... Weiterlesen: TAGESSPIEGEL
Leitung, Organisation und Kuration: Elena Kaludova und Marc Pospiech
Fotos: Wolfgang Strack und Elena Kaludova Website Wartung: Elena Kaludova, aktualisiert am: 13.11.2024